Leitlinie zum integrierten Pflanzenschutz im Haus- und Kleingartenbereich

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Die sektorspezifische Leitlinie zum integrierten Pflanzenschutz im Haus- und Kleingartenbereich wurde von der „Kasseler Runde“ unter Federführung der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft 1822 e.V. (DGG), dem Verband der Gartenbauvereine in Deutschland e.V. (VGiD), dem Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. (BDG) sowie mit weiteren Verbänden erarbeitet. Die „Kasseler Runde“ wurde gegründet, um die Leitlinie für den Haus- und Kleingartenbereich zu konzipieren und mit dem Ziel der Anerkennung zu finalisieren. An diesem Prozess waren zahlreiche Organisationen und Verbände aktiv und sehr engagiert beteiligt. Dazu gehören die in Deutschland aktiven Verbände des Freizeitgartenbaus und zahlreiche (berufsständische) Verbände, Industrieverbände sowie weitere Institutionen und Behörden des Bundes und der Länder.

Am 24. Januar 2020 wurde die Aufnahme der Leitlinie in den Anhang 1 des NAP im Bundesanzeiger bekanntgegeben.

Zum Bundesanzeiger

Die Leitlinie gibt den Handlungsrahmen für den Pflanzenschutz in Privatgärten vor. Sie richtet sich an die für den Pflanzenschutz im privaten Bereich zuständige, bundes- und landespolitische Ebene sowie an weitere in diesem Segment Tätige zum Beispiel Fachberater und Verkäufer. Sie orientiert sich an den acht, von der EU beschriebenen Grundsätzen des integrierten Pflanzenschutzes.

Sektorspezifische Leitlinie zum integrierten Pflanzenschutz im Haus- und Kleingartenbereich (pdf-Datei)

Struktur und Inhalt der Leitlinie

Die Leitlinie gliedert sich in ein Vorwort, einen Hauptteil mit neun Kapiteln und einen Anhang mit einer Umsetzung der allgemeinen Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes der Richtlinien 2009/128/EG für den Sektor Haus- und Kleingarten, einem Ausblick mit Handlungsbedarf und einer Auflistung von Internetangeboten und Fachliteratur. Auch ist dem Anhang der Flyer „Pflanzenschutz richtig gemacht“ beigefügt, welcher zehn gute Ratschläge für den nichtberuflichen Anwender im Haus- und Kleingarten bietet und erläutert.

In der Leitlinie werden drei Grundsätze hinsichtlich der Intensität des Pflanzenschutzes in Gärten dargestellt: 

  • Ein gewisser Grad an Handarbeit ist in Kauf zu nehmen.
  • Mängel bei der äußeren Qualität sind leichter hinnehmbar, da der Anbau im heimischen Garten unabhängig von Vermarktungsvorschriften ist.
  • Auf Höchsterträge kann verzichtet werden.

Akteure im Haus- und Kleingartenbereich werden aufgeführt:

  • Ziergarten (Schönheit und Erholungswert)
  • Nutzgarten (Selbstversorgung)
  • Kleingarten (Kleingartenanlagen; Nutz-, Zier- und Erholungsgarten)
  • Stadtgarten
  • Balkon- und Indoorgarten (grüne Erweiterung des Wohnraums)

Das oberste Ziel im Haus- und Kleingarten ist das naturgemäße Gärtnern. Deswegen wird in der Leitlinie darauf hingewiesen, dass kulturtechnischen, biologischen, biotechnischen und physikalischen Maßnahmen und der Anwendung von Pflege- und Pflanzenstärkungsmitteln Vorzug zu geben ist.  
In der Leitlinie werden verschiedene Voraussetzungen für den Anbau und die Pflege dargestellt, unter anderem die Standortwahl, Bodenpflege und Bodengesundheit, verschiedene Kulturmaßnahmen, Düngung und Bewässerung. Auch werden verschiedene Verfahren zur Förderung der Pflanzengesundheit und Pflanzenschutzmaßnahmen vorgestellt. Zu diesen Verfahren zählen:

  • vorbeugende Maßnahmen, zum Beispiel der Anbau von resistenten oder toleranten Sorten oder eine ausgewogene Düngung
  • physikalisch-mechanische Verfahren, zum Beispiel die Verwendung von Insekten- und Kulturschutznetzen oder thermische Verfahren (Abflammen von Unkräutern auf befestigten Flächen)
  • biologischer Pflanzenschutz, zum Beispiel der Nützlingseinsatz
  • biotechnische Verfahren, zum Beispiel das Aufstellen von Fallen (Geld- oder Blautafeln, Fraßlockstoffe, Pheromon-Fallen).

Vor der Anwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln ist eine gründliche Diagnose der Schadursache und eine sorgfältige Abwägung der Notwendigkeit der Maßnahmen notwendig.  Es werden praktische Hinweise zur Anwendung der Pflanzenschutzmittel und zum Anwenderschutz gegeben. Im Haus- und Kleingarten wird zwischen beruflichen und nichtberuflichen Anwendern unterschieden. Nichtberufliche Anwender besitzen keinen Sachkundenachweis und dürfen nur Pflanzenschutzmittel anwenden, die den Aufdruck tragen „Anwendung durch nichtberufliche Anwender zulässig“. Über die Eignung für nichtberufliche Anwender entscheidet das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) bei der Zulassung.

In den Anlagen der Leitlinie wird dargelegt, dass die Beratungsstellen im Bereich Haus- und Kleingartenbereich weiter ausgebaut werden sollten. Es wird gefordert, die Pflanzenschutzberatung für Freizeitgärtner als Pflichtaufgabe anzusehen und ihr einen höheren Stellwert beizumessen. Auch wird die Erstellung eines Beratungsinstrumentes für private Anwender angeregt.